Eine Geschichte – viele verschiedene Inszenierungen
Im Kern dreht sich jede Ruhpoldinger Waldweihnacht stets um die bekannte Weihnachtsgeschichte: Maria und Josef machen sich auf den Weg in ihre Heimatstadt, um an der seinerzeit ersten Volkszählung teilzunehmen. Nach gescheiterter Herbergssuche finden sie einen einfachen Unterschlupf. Dort wird mitten in der Nacht das Jesuskind geboren, Hirten künden davon. Und die Heiligen Drei Könige machen dem Gottessohn ihre Aufwartung. Was sich jedes Mal ändert, ist das Setting, wie Anton Senoner jun., ehemaliger Organisator und Vorstand der D‘Miesenbacher, erklärt: „Die Geschichte der Ruhpoldinger Waldweihnacht spielte schon in der Zeit vor, nach und während der Weltkriege oder auch in der prunkvollen Biedermeier-Epoche. Die Aufführungen sind nie gleich.“
Hinweis: Seit 2021 ist Anton Hogger der neue 1. Vorstand der Waldweihnacht.
Tierische Statisten
Mit dem alljährlichen Bühnenbildaufbau beginnen die Ruhpoldinger Anfang November. Die rund 100 Laien-Schauspielerinnen und Schauspieler proben ab August mindestens zwei Mal pro Woche ihr Weihnachtsstück ein. Aber nicht nur Zweibeiner wirken in diesem besonderen Schauspiel mit, auch ein halber Bauernhof ist dabei: lebende Ochsen, Schafe und Pferdegespanne. Die Heiligen Drei Könige kamen auch schon auf einem echten Kamel zur Krippe geritten, sogar ein Elefant war mal im Gespräch. Das Problem: Zu Weihnachten ist bei den Dickhäutern Brunftzeit und da sind selbst Zoo-Elefanten nicht besonders kooperativ. Geschweige denn reisefreudig.
Zammkema und zammhelfen
Damit dieses Theaterspiel seit 1985 alle drei Jahre gelingt, packen viele Ruhpoldinger Vereinshände mit an. „Zusammenkommen, zusammenhelfen“ ist wohl das größte Erfolgsgeheimnis der Miesenbacher, die mit rund 700 Mitgliedern zu den größten Trachtenvereinen in ganz Bayern gehören. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, schon von klein auf alle drei Jahre mitzuwirken. Anton Senoner jun. war 1995 im Alter von sechs Jahren bereits Teil des Theater-Ensembles. Heute leitet er sämtliche Geschicke, bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Zur Waldweihnachts-Zeit nimmt er sich extra Urlaub von Straßenbauamt und Bauernhof. Das Event auf die Beine zu stellen verlangt den Verantwortlichen nämlich einiges ab: So wollen Licht- und Tontechnik, Aufbau von Kulisse und Tribüne, Beschaffung der diversen Kostüme ebenso organisiert werden wie Ticketverkauf und die Werbung. Bei den Gewändern darf Senoner allerdings auf besonders erfahrene Hände zurückgreifen: „Eva Schwaiger, über 80 Jahre alt, hat schon für die Salzburger Festspiele genäht und einen großen Fundus, aus dem wir uns bedienen dürfen“, erzählt er.