Pure Natur – das hat nicht nur die Piesenhausener Hochalm, sondern auch der Weg hinaufzubieten. Zunächst wandert man an einem lustig plätschernden Bach entlang hinauf auf das Gelände der Staffnalm. Die Berggipfel rundherum empfangen den Wanderer und geben hier schon den Blick ins Tal frei. Wer mag, kann nun auf einer Forststraße gemütlich weiter bis zum Ziel wandern. Wer wie ich heute das Glück hat, dem Nebel im Tal zu entfliehen und heroben beste Bedingungen vorfindet, der kann sich beim Wandern am Spiel des Hochnebels um die Gipfel erfreuen, die sich mal tief eingehüllt präsentieren, mal absolut frei wie auf einem Wolkenmeer schwebend.
Statt dem Forstweg habe ich mich für einen wurzeldurchzogenen Steig entschieden, der mich wunderschön idyllisch nach oben trägt. Ein lohnender Abstecher ist der Friedenrath, ein eher unbekannter Gipfel, von dem aus ich das Ziel, die Piesenhausener Hochalm, schon als lockende Einkehr entdecken kann. Etwas anstrengend ist es schon hier herauf, trittsicher und schwindelfrei muss man sein – aber diese Vielfalt ist es, die ich am Chiemgau so liebe: Seine Almen und Gipfel – die sich grün, aber auch felsdurchwachsen anbieten – sind oft über Bergbahnen erreichbar. Aber sie sind eben auch über weiches Gelände und gut erschlossene Wege, sowie über einsame, schmale Steige zu erreichen und bieten so Berggenuss für jeden – Familie, Senioren und trainierte Bergfexe.
Wer sich unterhalten will, der findet in den Sennern und den Gästen auf den zahlreichen Almen immer gern gewillte Partner zum Ratschen, die die Gipfelfreude teilen und gern mit einem Schnapserl anstoßen. Wer die Einsamkeit liebt, der genießt es wie ich am Friedenrath, den lauen Windhauch in den Haaren zu spüren und als besonderen Ohrenschmaus der Stille, die nur durch leises Vogelzwitschern durchbrochen wird, zu lauschen. Hier kann man den Blick so lange schweifen lassen, bis sich der Herzschlag beruhigt und sich der Takt vom hochfrequenten Alltag wieder hin zur Ursprünglichkeit der Berge verlangsamt. Auch die Zeit scheint sich hier nach anderen Vorgaben zu richten: Wo sie in meinem Büro hektisch und schnell verrann, gibt sie sich hier wie ein langanhaltendes Geschenk, das man Minute für Minute voll auskosten kann.