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Hochplattengebiet
© © Chiemgau Tourismus e.V. (direkt am Bild)

Entspannung und Genuss auf der Piesenhausener Hochalm

Datum: 14.06.2019
Von: Andrea Obele

„Ich bin dann mal weg – schön wärs!“ Bei diesem Gedanken sitze ich im Büro und träume von einer kleinen Auszeit. Raus aus dem Alltagstrott, einfach weg von dem eingeschränkten Gesichtsfeld am Computer. Beim Blick aus meinem Bürofenster sehe ich die verlockenden Gipfel ganz nah und freue mich schon auf meinen nächsten freien Tag – ich lehne mich zurück, schließe die Augen und träume von einem Tag auf der Alm. Ich atme tief ein.
Beim Ausatmen ist das Büro weit, ganz weit weg. Ich öffne die Augen und sehe weiß-blauen, bayerischen Bilderbuch-Himmel. Leises Glockengebimmel von der etwas entfernt grasenden Kuhherde lullt mich ein. Auf der Zunge zergeht der frisch-herbe Geschmack des Almkäses, den ich gerade hier auf der Piesenhausener Hochalm kosten durfte. Mein Wunsch nach einer Auszeit hat mich wieder einmal hierhergeführt. Genuss in mannigfaltiger Form, der steht hier oben hoch im Kurs: Zum einen kulinarische Köstlichkeiten auf der gemütlichen Holz-Terrasse, die gegenüber der Hochplatte liegt. Zwischen Chiemsee und Kaisergebirge thront die Piesenhausener Hochalm fast wie ein Grenzhäuschen zwischen den Gebirgskämmen und bietet zum anderen auch dem Auge (fast) grenzenlose Genüsse.

Gemütliche, authentische Almen mit regionalen Leckerbissen gehören für mich und viele andere Wanderer genauso zu einer Bergtour wie ein Gipfel. Für manchen sind sie oft sogar das eigentliche Ziel. Kein Wunder, denn im Chiemgau locken viele authentische Kaser, die mit ihrer ursprünglichen Einfachheit und regionalen, oft sogar selbstgemachten Produkten bestechen. Seit jeher betreibt zum Beispiel die traditionsverbundene Familie Aigner den Naderbauernhof, zu dem die Alm hier oben auf 1360 Metern gehört. Wie viele Generationen es mittlerweile sind, das vermag Anderl Aigner gar nicht genau zu sagen, schließlich leben allein jetzt vier Jahrgänge zusammen unter dem Dach der Landwirtschaft im Tal.

In ihrer heutigen Form existiert die Alm hier heroben seit 20 Jahren. Anderl, der gelernte Zimmerer und Almwirt mit Leidenschaft, hat sie neu aufgebaut und an die modernen Vorschriften angepasst. Neben den drei wohlgenährten und zufrieden vor sich hin grunzenden „Almferkeln“ und den etwa 50 Stück Jungvieh, die hier im Sommer würzige Almwiesen zum Beweiden vorfinden, werden noch drei Milchkühe auf der Hochalm gehalten. Ein Sennerpaar, das den ganzen Sommer oben auf der Alm verbringt, stellt aus der täglich frisch gemolkenen Milch Käse nach altem Hausrezept her.

Käse
© © Chiemgau Tourismus e.V. (direkt am Bild)

Der Frischkäse, der in einer speziellen Würze eingelegt wird, ist genau das Richtige nach der Wanderung hier herauf. Anderls Bub, der Andreas, nippt neben mir an einem frisches Glas Buttermilch – Milchbart inklusive. Der Brotzeitteller, auf dem unter anderem Speck der „Almferkeln“ vom Vorjahr angeboten wird, bietet meinem Gaumen genau den Geschmack, an den ich mich aus jungen Jahren erinnere – und der gehört für mich definitiv zu einem heimatlichen „Alm-Schmankerl“ dazu. Andreas und seine Frau Steffi erzählen derweil, wie es zugeht heroben auf der Alm. Dass immer wieder Stammgäste den Weg herauf suchen, den fantastischen Ausblick auf den Chiemsee, der trotz Entfernung optisch direkt unter Alm eingebettet zu liegen scheint, genießen und andererseits den Panoramablick bis hin zum schneebedeckt leuchtenden Großvenediger.

Eine grandiose Weite ist es, die das Auge hier geboten bekommt. Es ist klar, die Sonne scheint: Blau, Weiß und Grün leuchten in den intensivsten Farbschattierungen. Vom Tal zieht ganz bedächtig Nebel auf und hüllt zunächst den Chiemsee, später die niederen Berge in weiche Schwaden und ein Wolkenmeer, das im feinsten Weiß erstrahlt. Der Nebel öffnet und schließt seine Fenster und gibt so immer wieder andere Blickwinkel frei. Mir bietet sich eine wahre Augenweide, eine großartige Stimmung und ein Naturschauspiel der Extraklasse: Es fühlt sich an, als ob das Wetter zum Greifen nahe wäre. Auch die Gerüche des Waldes, der unzähligen Almkräuter und Blumen helfen meinem Körper und Geist, sich zu erholen und die Lungen mit frischer Bergluft zu füllen. Auftanken kann man auch am Brunnen, der mit frischem Wasser gespeist wird. Anderl erzählt, dass die Trinkwasserqualität hier oben besser ist als im Tal – und wer den braun-weiß gefleckten Kühen beim genüsslichen Trunk zusieht, der glaubt das gerne.

Pure Natur – das hat nicht nur die Piesenhausener Hochalm, sondern auch der Weg hinaufzubieten. Zunächst wandert man an einem lustig plätschernden Bach entlang hinauf auf das Gelände der Staffnalm. Die Berggipfel rundherum empfangen den Wanderer und geben hier schon den Blick ins Tal frei. Wer mag, kann nun auf einer Forststraße gemütlich weiter bis zum Ziel wandern. Wer wie ich heute das Glück hat, dem Nebel im Tal zu entfliehen und heroben beste Bedingungen vorfindet, der kann sich beim Wandern am Spiel des Hochnebels um die Gipfel erfreuen, die sich mal tief eingehüllt präsentieren, mal absolut frei wie auf einem Wolkenmeer schwebend.

Statt dem Forstweg habe ich mich für einen wurzeldurchzogenen Steig entschieden, der mich wunderschön idyllisch nach oben trägt. Ein lohnender Abstecher ist der Friedenrath, ein eher unbekannter Gipfel, von dem aus ich das Ziel, die Piesenhausener Hochalm, schon als lockende Einkehr entdecken kann. Etwas anstrengend ist es schon hier herauf, trittsicher und schwindelfrei muss man sein – aber diese Vielfalt ist es, die ich am Chiemgau so liebe: Seine Almen und Gipfel – die sich grün, aber auch felsdurchwachsen anbieten – sind oft über Bergbahnen erreichbar. Aber sie sind eben auch über weiches Gelände und gut erschlossene Wege, sowie über einsame, schmale Steige zu erreichen und bieten so Berggenuss für jeden – Familie, Senioren und trainierte Bergfexe.

Wer sich unterhalten will, der findet in den Sennern und den Gästen auf den zahlreichen Almen immer gern gewillte Partner zum Ratschen, die die Gipfelfreude teilen und gern mit einem Schnapserl anstoßen. Wer die Einsamkeit liebt, der genießt es wie ich am Friedenrath, den lauen Windhauch in den Haaren zu spüren und als besonderen Ohrenschmaus der Stille, die nur durch leises Vogelzwitschern durchbrochen wird, zu lauschen. Hier kann man den Blick so lange schweifen lassen, bis sich der Herzschlag beruhigt und sich der Takt vom hochfrequenten Alltag wieder hin zur Ursprünglichkeit der Berge verlangsamt. Auch die Zeit scheint sich hier nach anderen Vorgaben zu richten: Wo sie in meinem Büro hektisch und schnell verrann, gibt sie sich hier wie ein langanhaltendes Geschenk, das man Minute für Minute voll auskosten kann.

Hochplattengebiet
© © Chiemgau Tourismus e.V. (direkt am Bild)

Ich betrachte die umliegenden Berggrößen: Die Kampenwand reckt sich mir genau vis-à-vis empor und sie ist wie der Hochfelln, der Rauschberg, die Winklmoosalm oder eben das Gebiet der Hochplatte bequem mit der Seilbahn zu erreichen. Interessante Rundwanderwege am Gipfel bieten auch für wenig trainierte Bergfreunde ein großartiges Alpenpanorama. Nahe dem Wanderweg zur Piesenhausener Hochalm ist zum Beispiel der familien-freundliche Bergwalderlebnisweg Staffen zu finden.

Aber es gibt auch noch andere, sehr lohnende Wanderungen in meiner Heimat, die sich als Feierabendtour für mich anbieten oder ich probiere mal eine der vielfältigen Stadtführungen, die in und um Tittmoning angeboten werden. Ich bin nicht sicher, ob ich eine Burgführung, eine Naturführung oder eventuell den romantischen Abendspaziergang mitmachen soll… Eines ist sicher: Ich habe mir fest vorgenommen, meine nächste „Ich bin dann mal weg – Auszeit“ im nördlichen Chiemgau zu verbringen.

Noch eine schöne Alm: Von der Stoibenmöseralm hat man einen herrlichen Blick über das Reit im Winkler Tal und die umliegenden Berge. Hier erfahrt ihr mehr über die selbstgemachte Brotzeit und die Lamas auf der Stoibenmöseralm.

© © Richard Scheuerecker

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© © Chiemgau Tourismus e.V.

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