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© © Chiemgau Tourismus e.V.

Zauberhafte Bergweihnacht: Eine Weihnachtsgeschichte

Datum: 28.11.2018
Von: Gastautor

Anna hat genug vom Weihnachtsstress und bucht spontan ihren Chiemgau-Urlaub in Inzell. Es kommt alles anders als geplant – und so erlebt sie ihr eigenes Weihnachtsmärchen.

Alle Jahre wieder.

Kommt die Weihnachtszeit. Das Radio schmachtet noch (oder eher schon wieder) der letzten Weihnacht hinterher, während du dich im Chiemgau ganz vorbehaltlos auf die(se) Adventszeit freust. Dazu hast du auch allen Grund, denn selten ist die vorweihnachtliche Winterzeit so märchenhaft mitreißend wie hier: Wenn Frau Holle ihren Dezembermantel um das „Bayerische Meer“ legt, beginnt allerorts auch wieder die Zeit der Weihnachtsmärkte. So wirkungsvoll wie stimmungsvoll, denn bei winterlicher Alpenkulisse, in mittelalterlichem Stadtflair, zwischen Traditionshandwerk und unwiderstehlichen Köstlichkeiten zeigt sich die Winterzeit von ihrer wärmsten Seite. Die schönsten Weihnachtsmärkte findest du im Chiemgau zwar überall, aber ein paar ganz besondere dieser Wintermärchen solltest du dir doch keinesfalls entgehen lassen. Mitunter erzählt man sich davon dann sogar noch im nächsten Jahr. Last Christmas und so.

 

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Der Koffer war gepackt.

Zur anfänglichen Vorfreude auf die Reise mischte sich ein mulmiges Gefühl. Verreisen? Alleine? Und das auch noch über die Weihnachtsfeiertage? Nach Oberbayern, in den Chiemgau? Anna stopfte noch ihre Kuschelsocken in den Koffer. „Komme was wolle,“ versicherte sie sich selbst, „diese Weihnachten  werden besinnlich. Und ursprünglich. Und echt.“  Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck packte Anna noch ihren Schlitten unter den Arm. Sie würde heute noch einen Berg hinuntersausen. Als Kind liebte sie das. In den letzten Jahren war sie nur noch wenige Male den Hügel in der Stadt hinunter gerodelt. Das war schön, aber nicht zu vergleichen. Nun als Erwachsene will Anna es jedoch erneut wagen. Endlich wieder die kalte Luft bei einer flotten Rodelpartie im Gesicht spüren und sprichwörtlich Weihnachten davondüsen. Daher auch die Reise nach Inzell im bayerischen Chiemgau. Einem traumhaften Winterdörfchen, das statt Shoppingwahnsinn Rodelabenteuer anbietet. So hatte es Anna zumindest gestern während ihres unfreiwilligen Ausflugs in das Kaufhaus auf ihrer Lonley Planet-Reise-App gelesen.

Ein paar Stunden Zugfahrt und gefühlte tausend Lebkuchen später erreichte Anna den Chiemgau und stieg im urigen Städtchen Traunstein aus, wo sie auf eine Weiterfahrt warten sollte. Obwohl es bereits dunkel war, sah Anna die Schatten der Berge und die auf den Gipfeln majestätisch thronenden Gipfelkreuze.  Ein faszinierendes Duftgemisch aus Schnee und Tannennadeln stieg Anna in die Nase, das sie aufgrund seiner Eindringlichkeit zu einem tiefen Atemzug zwang und sie gleichsam zum Lächeln brachte. Neben Anna warteten noch fünf andere Personen am Traunsteiner Bahnhof auf ein Weiterkommen nach Inzell. Ein junger Mann mit Weihnachtsbaum unter dem Arm, eine Mutter mit einem wild im Schnee umhertollenden Mädchen, eine ältere Dame mit riesigem, altmodischen Koffer und ein älterer Herr mit einem grünen Filzhut, der immer wieder traurig auf die Uhr schaute. Anna glaubte sich schon in ihrem herrlichen Appartement im zweiten Stock eines Gasthofs, das sie für drei Tage inmitten von Inzell angemietet hatte und von dem sie nur noch eine zwanzigminütige Busfahrt entfernt war. Doch was las sie da auf der Infotafel? Der Bus fällt aus? Anna traute ihren Augen nicht. Der Fahrdienstleiter bestätigte jedoch das Übel, das er mit einem hohen Schneeaufkommen begründete. „Und nun, sollen wir Weihnachten am Bahnhof verbringen?“, klagte Anna mit Verzweiflung in ihrer Stimme. „Ah, des wea ma scho richten“, sprach der offensichtlich bayerische Mann mit Hut bestimmt: „Dann kemmt’s hoid zu mia. Mia wean heit olle nimma weit hupfn und noch Inzell zu meinem Buam kimm i heit a nimma.“    Damit lud der Mann alle Gestrandeten zu sich nach Hause ein, da auch er sonst das Weihnachtsfest allein verbringen hätte müssen. Er wäre eigentlich zu seinem „Buam“, also seinem Sohn, nach Inzell gefahren, um dort das Fest mit seiner Familie zu verbringen.

 

Der Gedanke an eine warme Stube ließ Anna nicht lange zögern. Und auch den anderen schien die Idee zu gefallen, da sie sich gleichsam auf den Weg machten. Rund dreißig Minuten stapften sie hinter dem Mann durch den Schnee. Vorbei an weißen Tannen und Fichten und über einen verschneiten Acker, ehe das kleine Grüppchen endlich das Ziel erreichte. Am Hang eines Berges stand es nun: Ein malerisches Haus mit einer hölzernen Giebelfront, grünen Fensterläden und einem reich verzierten Bretterbalkon, ein typischer Chiemgauer Einfirsthof. Sowohl innen als auch außen nicht weihnachtlich geschmückt, aber schon bald mit einem lodernden Feuer im Kamin. Der alte Mann lächelte entschuldigend. „I leb alloa, wisst‘s. Feier mochen konn i, aber Deko hat imma mei Frau gmacht“,  erklärte er.  „Hier fehlt einfach nur ein Weihnachtsbaum“, so der junge Mann, der den ganzen Weg über nicht von seiner Last abgelassen hatte. Ohne auf eine Reaktion zu warten, stellte er seine Tanne Nahe des Kamins auf. „Wir müssen ihn noch schmücken“, rief sogleich das kleine Mädchen. Daraufhin öffnete die ältere Dame ihren Koffer. Zum Vorschein kamen haufenweise selbstgebackene Lebkuchen in Sternen- und Herzform, die sich durch ein Loch in der Mitte ohne Probleme auf die einzelnen Tannenzweige fädeln ließen. Die wären eigentlich für ihre Enkel gewesen, klärt sie lächelnd auf.

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Annas Herz erwärmte sich zunehmend an der Tatsache, wie unglaublich uneigennützig alle agierten, um einander ein schönes Weihnachtsfest zu kreieren. „Wir haben auch was zu essen“, entgegnete die Mutter des Mädchens. „Zwar nur Süßigkeiten, aber wann sonst, wenn nicht an Weihnachten!“ Alle lachten. Der alte Mann kramte aus seiner Küche einen Laib Bauernbrot und bayerischen Speck hervor. Bis spät in die Nacht erzählten sie sich Weihnachtsgeschichten und verspeisten genussvoll die Brotzeit und den Süßkram – bestehend aus Mozartkugeln, Pfeffernüssen und Spekulatius. In diesem Moment spürte Anna, wie sehr sie die Anwesenheit anderer Menschen an Heiligabend genoss. Alsgleich schwor sie sich, zukünftig wieder an den Geist der Weihnacht zu glauben, der jedem Menschen etwas Gutes entlockt.

Es war still im Haus geworden, die Glut leuchtete noch im Kamin. Doch Anna war wach, denn es gab noch etwas Besonderes zu tun. Auf leisen Sohlen und mit ihrem Schlitten unterm Arm stahl sie sich schließlich hinaus. „Jetzt oder nie!“, dachte Anna, schubste kräftig den Schlitten an und fuhr mit Karacho den verschneiten Weg entlang. Anna war glücklich, denn besser hätte ihre erste Schlittenfahrt im Chiemgau niemals sein können! Und morgen, ja morgen geht es auf den Berg.

 

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